Wie Elektrosensible leben – NZZ

Weisse Zone – wie Elektrosensible leben
Schmerzen, Müdigkeit, akute Hautreaktionen, Verdauungsstörungen – die Symptome der Elektrosensiblen sind diffus und über ihre effektive Ursache besteht einstweilen kein Konsens. Für die Betroffenen allerdings ist das Leiden manifest genug, um sie zu einem Leben fern der Gesellschaft zu nötigen. Der Schweizer Fotograf Jean Revillard ist einigen von ihnen in ihr Reduit gefolgt.

as. Elektrosensible tragen ein doppeltes Handicap. Ihre Symptome – starke physische Reaktionen auf elektrische, magnetische oder elektromagnetische Felder – machen ihnen das Leben in besiedelten Umfeldern unmöglich; aber der Kausalzusammenhang zwischen Krankheit und vermuteter Ursache liess sich bisher wissenschaftlich nicht erhärten, so dass die Betroffenen kaum mit Verständnis rechnen können. Emma Hagard, die hier aus ihrem Caravan schaut, ist eine von ihnen.


Hochspannungsmasten, WiFi-Zonen, Passanten mit Handys – das ist die Hölle für Anne Cautain. Vor dem unerträglichen Brennen, das elektrische und elektromagnetische Felder bei ihr auslösen, flüchtete die Französin zunächst in eine Grotte; heute lebt sie mit drei anderen Frauen, die an sogenannter Elektrosensibilität leiden, in einem kleinen, von solchen Einflüssen weitgehend abgeschirmten Tal. Noch dort verkriecht sie sich häufig in ein aus speziellen Materialien gefertigtes Schutzzelt.


Hübsch ist sie, Emma Hagard, und Jean Revillards Aufnahme, deren toniges Kolorit das blasse, ausdrucksvolle Gesicht sanft umfasst und hervorhebt, stünde jedem Kinofilm gut an. Aber Emma scheut die menschliche Gemeinschaft. Die junge Frau, die an Elektrosensibilität und Allergien gegen viele chemische Stoffe leidet, hat in Ställen, Grotten, verlassenen Bauernhöfen Unterschlupf gesucht; jetzt lebt sie im Wohnwagen in einem abgelegenen Bergtal des französischen Departements Drôme.


Komfort und Gemütlichkeit sehen anders aus als dieser bunkerähnliche Unterschlupf. Aber dessen Bewohnerinnen suchen vor allem eins: Schutz vor elektrischen und elektromagnetischen Feldern, in denen sie die Ursache ihrer Schmerzen und Beschwerden vermuten. Elektrosensibilität ist als Krankheit nicht wissenschaftlich nachgewiesen, aber von manchen Institutionen dennoch anerkannt. Würden Betroffene ohne Not solche Lebensumstände auf sich nehmen?


Seit längerer Zeit litt die Stewardess Bernadette Touloumond unter gesundheitlichen Problemen. Als sie eines Abends mehrere Stunden am PC sass, überfielen sie stechende Schmerzen und akustische Halluzinationen. Für Bernadette war der Fall klar: Sie war elektrosensibel. Sie schloss sich einer kleinen Gruppe vom selben Problem betroffener Frauen an, deren Leben in einem abgelegenen Bergtal der Schweizer Fotograf Jean Revillard in einer preisgekrönten Reportage dokumentiert hat.

Bilder: Jean Revillard / Rezo

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